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Application Modernization

Apps bauen und Prozesse automatisieren - ohne Programmierkenntnisse

Wenn Unternehmen heutzutage an Prozessdigitalisierung denken, fürchten sie sich meist vor zwei Szenarien: Entweder man stösst ein umfangreiches, kostenintensives Projekt bei der IT-Abteilung oder beim IT-Lieferanten an, oder man überlässt das Thema Mitarbeitenden in den Fachabteilungen, die eine entsprechende Standard-App beschaffen, für die es keine Programmierkenntnisse braucht. Letztere, sogenannte No-Code-Anwendungen, richten sich an Unternehmen oder teils auch Privatpersonen, für die eine simple Anwendung ausreicht. Diese Apps brauchen keine Programmierung, erlauben aber oft auch gar keine. Dem Vorteil des geringen Aufwands steht hier allerdings der Nachteil gegenüber, dass der Spielraum für individuelle Anpassungen und Differenzierungen in der Regel äusserst begrenzt ist. So stossen No-Code-Anwendungen an gewisse Grenzen, weil sich kaum individuelle Vorlieben bei der Nutzung anpassen lassen. Diese Apps lassen sich äusserst einfach bauen – etwa können mit Drag-and-Drop einzelne Bausteine angeordnet werden. Doch es gibt auch einen anderen Weg neben dem Standard-App-Ansatz, der wie erwähnt nur Minimalbedürfnisse abdeckt und gleichzeitig den Tool-Wildwuchs fördert in Verbindung mit dem Schreckgespenst eines IT-Projekts mit entsprechender Entwickler-Manpower. Gemeint sind sogenannte Low-Code-Plattformen, also solche, die keinen oder nur sehr wenig Programmieraufwand benötigen. Diese werden ebenso für die Automatisierung von Prozessen verwendet und weisen je nach Anbieter unterschiedliche Ausprägungen auf. So lassen sich mit Business-Process Management-Lösungen (BPM) wie etwa Firestart, Prozesse modellieren und automatisieren und auch dokumentieren. Das kann dann wichtig sein, wenn etwa für Zertifizierungsaudits Prozesse visualisiert dargestellt werden müssen.

Für Microsoft 365-Kunden

Für Unternehmen, die bereits dem Trend zum Wechsel in die Microsoft-365-Cloud gefolgt sind, bietet sich die Verwendung der Microsoft Power Platform an. Dabei handelt es sich um ein Bündel der vier Dienste Power Apps, Power Automate, Power BI und Power Virtual Agents, die jeweils unterschiedliche Zwecke erfüllen. Erstere zwei sind für die digitale Abbildung von Geschäftsprozessen in einer App und deren Automatisierung gedacht. Power BI wiederum dient der Visualisierung von Daten mit Dashboards, während sich mit Power Virtual Agents auf einfache Weise Chatbots für die Kommunikation mit Kunden auf der Firmenwebseite entwickeln lassen. Die Verwendung der Microsoft Power Platform hat den Vorteil, dass sie über viele Schnittstellen zu Drittsystemen verfügt und solche im Bedarfsfall deshalb auch angebunden werden können. Dasselbe gilt für die Anbindung an andere Anwendungen
von Microsoft 365, wo hingegen sich Standard-Apps in der Regel nur umständlich oder gar nicht in Microsoft-Lösungen integrieren lassen. Für die Bereitstellung von Apps und Prozessautomatisierungen benötigt man auch mit dieser Low-Code-Plattform keine Vollblutentwickler.

Business-Anwender als Digitalisierer

Mitarbeitende in den Abteilungen, die mit Microsoft 365 bzw. Office 365 vertraut und etwas IT-Affin sind, können Prozesse mit Apps digitalisieren und automatisieren, diese nach ihren Wünschen anpassen. Sie benötigen dazu höchstens etwas zusätzliche Unterstützung von Experten. Auf jeden Fall sind auch hier die Eintrittshürden sehr niedrig, sodass sich Business-User sehr schnell für den Job befähigen lassen – Begeisterung dafür vorausgesetzt. Den Anwendern gelingt hier einfacher als bei No-Code-Standard-Apps, die Produkte in bestehende Microsoft-Dienste wie Sharepoint, Office oder SQL-Datenbanken zu integrieren. Ein weiteres Argument: die Lösung ist bereits in gewissen Office-365-Lizenzen inkludiert. Es fallen, je nachdem, welche Funktionen benötigt werden, keine zusätzlichen Lizenzkosten an. Unternehmen können damit ohne Zusatzkosten klein starten, Prozesse ausprobieren
und später je nach Verwendungszweck immer noch Lizenzen dazukaufen. Sollten in gewissen Use Cases doch die Prozesse im Vordergrund stehen, etwa weil BPM-Standards zur Dokumentation für das Qualitätsmanagement verlangt werden, kann hier immer noch Microsoft Visio die Lücke füllen.

Beispiele aus der Praxis

Im Falle eines Onboarding-Prozesses wäre dies indes nicht nötig. Der Fachanwender aus der Personalabteilung kann mit Power Automate selbst die Abläufe bei einer Neuanstellung so digitalisieren, wie sie bis dahin manuell umgesetzt wurden. So lässt sich bei neuen Mitarbeitenden sehr einfach der Kalender für die ersten Meetings mit Vorgesetzten blockieren, dem IT-Verantwortlichen die Aufgabe erteilen, die nötigen Geräte zu beschaffen, an ihnen die passenden Konfigurationen vorzunehmen, den Badge für den Gebäudezugang oder vom Floristen des Hauses einen Blumenstrauss als Begrüssung auf den Schreibtisch bestellen. Den ganzen Prozess, den die HR-Abteilung sonst auf Papier oder mit Excel und anderen Daten abgearbeitet hat, lässt sich so digitalisieren. Die Aufgaben können zum Beispiel via E-Mail vergeben werden, auch mit einem Link zu einem Channel im Teams-Chat, sodass der Betreffende vollautomatisiert eine Aufgabe zugeteilt bekommt, die er dann abarbeiten muss. Aber auch Serviceanfragen, Bewilligungsformulare oder Terminkoordinationen und andere, meist papierlastige Abläufe können mit Power Apps und Power Automate sehr einfach in die digitale Entsprechung transformiert werden – indem vollautomatisiert Daten aus Kunden- oder HR-Datenbanken und anderen ERP-Anwendungen miteinbezogen werden.

Fazit

Je nach Anwendungsfall und Bedürfnis des Unternehmens bietet sich die eine oder andere Variante von Low-Code- oder No-Code-Lösung an – oder eben ein Projekt mit Entwicklungsressourcen im Schlepptau. Firmen, die bereits mit ihren Daten und Apps den Weg in die Microsoft-365-Cloud gegangen sind, sollten die Verwendung der Microsoft-Power-Plattform auf jeden Fall prüfen. Denn immer mehr Fachanwender sind dank ihrer Erfahrungen mit Office 365 und Co. in einer vertrauten Arbeitsumgebung und kommen deshalb schnell mit diesem Ansatz zurecht. Auch IT-technisch macht es Sinn, Produkte, die aus einem Guss kommen, zu kombinieren. Daten und Apps lassen sich einfacher zusammenführen, sodass sich zu einem späteren Zeitpunkt auch Analysen und Reports (mit Power BI) müheloser bewerkstelligen lassen – und dies ohne oder mit überschaubarem Entwicklungsaufwand um mit keinen oder geringen zusätzlichen Lizenzkosten.

Dieser Artikel wurde in "Organisator" Ausgabe 5-6/2022 vom 8.6.2022 veröffentlicht.

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